Zum Schicksal von Emil und Flora Israel aus Dillich


Emil Elieh Israel wurde am 25. Juli 1872 in der damals eigenständigen Gemeinde Dillich im Kreis Homberg, Hessen-Nassau, geboren und wuchs im Haus Nr. 62 in dem heutigen Stadtteil der Großgemeinde Borken auf. Er war der Sohn von Mendel Menachim Israel und dessen Frau Sarchen, die beide auf dem Jüdischen Friedhof in Haarhausen bestattet sind.

Emil Israel heiratete Flora Levi, die am 27. Januar 1877 in Börsborn zur Welt kam. Als die Nationalsozialisten im Jahr 1933 an die Macht kamen, waren Emil 60 und Flora 56 Jahre alt. Sie erlebten in den kommenden Jahren Antisemitismus, Ausgrenzung, Gewalt und Drangsalierung. Das Ehepaar musste Dillich verlassen, wahrscheinlich in Richtung Frankfurt. Das Datum dieses wohl erzwungenen Umzugs ist nicht bekannt. Als letzter Wohnort wird der Sandweg 28 in Frankfurt am Main angegeben – eine Sammelunterkunft für Juden, um sie in einer Art Ghetto zu isolieren und von der übrigen Bevölkerung auszugrenzen.

Am 8. September 1942 unterzeichneten Emil und Flora Israel, mittlerweile 70 und 65 Jahre alt, mit der Reichsvereinigung der Juden einen so genannten Heimeinkaufsvertrag, der ihnen zum Preis von 200 Reichsmark „auf Lebenszeit“ einen Platz in der „Gemeinschaftsunterkunft“ Theresienstadt, Verpflegung, das Waschen der Wäsche sowie eine ärztliche und medizinische Versorgung garantieren sollte.

Diese Heimeinkaufsverträge zählen zu den perfidesten Methoden des NS-Terrorregimes im Zuge des Völkermords. Man gaukelte den betagten und meist begüterten Rentnerinnen und Rentnern einen auskömmlichen, beschaulichen Lebensabend und Alterssitz vor, beraubte sie ihrer letzten Ersparnisse, ließ sich Rentenansprüche abtreten und verfrachtete die Alten in Wirklichkeit in ein Todes- und Durchgangslager zu anderen NS-Tötungsstätten. Statt Ruhe und Geborgenheit erwartete die Bewohner des vermeintlichen Altersheimes Hunger, Entbehrung, tödliche Krankheit, Misshandlung und Gewalt.

Emil und Flora Israel wurden am 15. September 1942, keine zwei Wochen nach Vertragsunterzeichnung von Frankfurt nach Terezin/Theresienstadt deportiert. Flora starb am 27. Februar 1943, Emil einen Tag später am 28. Februar 1943.

Christian Lehmann entdeckte den Heimeinkaufsvertrag bei den Recherchen der Forschungsgruppe SIKARON im Bundesarchiv Berlin und stellte dem Geschichtsverein ein Digitalisat zur Verfügung. Das historische Dokument belegt das Schicksal des jüdischen Ehepaares aus Dillich und ergänzt das Gedenkbuch des Bundesarchivs um wichtige Aspekte.

Laut dem Gedenkbuch des Bundesarchivs starben auch 23 andere Bürgerinnen und Bürger der Großgemeinde Borken in dem Todeslager bzw. dem Ghetto Theresienstadt. Emil Israels Schwestern Bertha und Jettchen sowie der Bruder Jakob wurden am 7. bzw. 1. September 1942 ebenfalls nach Terezin deportiert. Ihre Wege führten von dort aus am 29. September 1942 ins Todeslager Treblinka.  Die 3. Schwester Johanette starb am 2. Februar 1943 in Theresienstadt. Die 4. Schwester Rosa kam am 13. Juni 1942 in das Konzentrationslager Sobibor. Die deutschen Mörder löschten fast die komplette Familie Israel aus Dillich aus.  

Auszüge aus dem Heimeinkaufsvertrag, den Emil und Flora Israel aus Dillich am 8. September 1942 mit der Reichsvereinigung der Juden schlossen. Die Vereinigung war eine reichseinheitliche Organisation, die dem NS-Regime als Instrument zur Kontrolle der jüdischen Bevölkerung und zur Durchführung der „Endlösung der Judenfrage“, sprich: dem Völkermord, diente (Bundesarchiv Berlin, Bestand R 8150, 563/59.SIKARON Felsberg 2023).